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"Der Pfirsichgarten" von Melissa Fu

Bildquelle: www.fischerverlage.de
Bildquelle: www.fischerverlage.de

Bewertung:  ★ ★ ★ ★ ★

 

 

~ Einzelband

~ historischer Roman

~ 496 Seiten

~ S. Fischer Verlag

~ ET 26.10.2022

~ ISBN 978-3-10-397167-5

~ Print: 25,00€

~ Ebook: 22,99€

 


Als ich dieses wunderschöne, aber dennoch schlichte Cover gesehen habe, war ich fasziniert und neugierig zugleich.

Die Gestaltung und der Kontext zur asiatischen Kultur haben mich magisch angezogen und der Klappentext versprach eine Reise und Flucht durchs kriegszerstörte China der 1930er in die USA.

Die Tatsache, dass Melissa Fu sich bei ihrem Buch "Der Pfirischgarten" von ihrer eigenen Familiengeschichte inspirieren ließ, machte es für mich besonders wertvoll und interessant.

 

Leider hatte ich gerade zu Beginn etwas Schwierigkeiten in die Geschichte reinzukommen.

Die Autorin benutzt einen sehr pragmatischen und geradlinigen, klaren Schreibstil.

Mir fiel es dadurch anfangs schwer einen Zugang und Verbindungen zu den Personen des Buches aufzubauen. Dieser Eindruck verstärkte sich noch durch die vielen unbekannten chinesischen Bezeichnungen und fremdartigen, aber doch gleichklingenden Namen. Schlussendlich führte dies aber zu einem sehr authentischen und beeindruckenden Roman, der die Tragik und den Kontext der historischen Ereignisse überwältigend, ja nahezu beklemmend näherbrachte. Nach den ersten 100 Seiten war ich angekommen und fieberte mit Meilins und Renshus Lebensgeschichte mit und verfolgte mit Spannung ihre weitere Reise mit der Hoffnung auf ein besseres und friedvolles Leben.

Ihre Flucht und Odyssee quer durch die chinesische Republik gestaltete sich dabei für mich als Leser ungewiss und gleichermaßen dramatisch und tragisch. Ich hatte nach den anfänglichen Ereignissen im Buch mit einer Geschichte gerechnet, die eine "geradlinige" Flucht in die Vereinigten Staaten erzählt.

Doch Melissa Fu erzählt von einer Vita voller Entbehrungen, Verzweiflung und Entscheidungen, die rückblickend weder als richtig noch als falsch bezeichnet werden können.

Ich mochte Meilin und ihren kleinen Renshu sehr und liebte es, ihn trotz der vielen Widrigkeiten und Entbehrungen, des Krieges und der ständigen Flucht aufwachsen zu sehen.

 

Die Autorin hat es letztendlich mit ihrem besonderen Schreibstil geschafft mich irgendwann so in den Bann zu ziehen, dass ich nicht mehr aufhören konnte zu lesen. Die Angst vor dem Krieg und dem kommunistischen  Regime hat sich mit der Zeit wie ein Mantel um meine Schultern gelegt und sich in meinen Nacken festgesetzt.

Wie tief und weitreichend sich ein Familien- und Kriegstrauma auch in die nachfolgenden Generationen einnisten kann, konnte die Autorin durch ihre eigene Geschichte eindrücklich und authentisch niederschreiben.

Noch Jahrzehnte später und 1000 Meilen entfernt hat das Regime der Volksrepublik China augenscheinlich seine Bürger unter Beobachtung und Kontrolle und diszipliniert und bestraft sie bei nicht regierungskonformen Verhalten oder Äußerungen. Für mich als Leserin, die in einer Demokratie lebt, kaum vorstellbar.

Diese tief verwurzelte Angst aufzufallen und sich unbewusst nicht regimekonform zu verhalten, zieht sich durch Reshus ganzes Leben und formt seinen Charakter.

Für mich fügt sich diese Familiengeschichte als Sinnbild für so viele chinesische Familien ein, ist aber gleichzeitig auch eine Hommage an eine faszinierende und uralte Kultur, die von so viel Weisheit, Legenden, aber auch völlig anderen Lebenswerten und - weisen erzählt und geprägt ist.

 

*Fazit*

Ein Roman, in den man anfangs schwer hineinfindet, der aber mit jeder Seite mehr eine Familiengeschichte voller Gegensätze erzählt, voller Schönheit und Tragik.

Ein Buch, das die Geschichte ganzer Generationen erzählt und noch lange in mir nachhallen wird.

 


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