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Im Rahmen der Bloggeraktion zum neuen Buch
"Der Kinderzug" von Michaela Küpper
durfte ich der Autorin ein paar interessante Fragen stellen.
Michaela Küpper wurde im niederrheinischen Alpen geboren und ist in Bonn aufgewachsen.
In Marburg studierte sie Soziologie, Psychologie, Politik und Pädagogik, bevor sie viele Jahre als Projektmanagerin in einem Verlag beschäftigt war. Heute arbeitet sie unter anderem als Autorin und freie Redakteurin.
Neben ihrem Buch "Der Kinderzug" (2019) veröffentlichte sie bereits 2018 "Kaltenbruch" im Droemer Verlag, sowie zahlreiche Krimis und Kinderbücher in den letzten Jahren.
Vielen lieben Dank an Michaela Küpper für das Beantworten
meiner Fragen & den Einblick ins Autorenleben!
Dani von BuchstabenZauber:
Während sich "Kaltenbruch" (2018) mit den Schatten der Nachkriegszeit befasst, greifen sie in "Der Kinderzug" das Thema der Kinderlandverschickung auf.
Mich hat dies sehr fasziniert und gleichzeitig überrascht, da mir dieser Teil der Geschichte völlig unbekannt war, bis ich ihr Buch gelesen habe.
Was hat sie dazu bewegt genau diese Thematik zum Inhalt ihres Buches zu machen und damit den Kindern und Jugendlichen der damaligen Zeit eine Stimme zu geben?
Michaela Küpper:
Meine Absicht war tatsächlich Kindern eine Stimme zu geben, die nie Eine gehabt haben.
Ich wollte einen Teil unserer Geschichte ins Licht rücken, der bislang eher hinten runtergefallen ist, eben weil er "nur" Kinder betraf. Es wird ja nie recht thematisiert, was Kinder in Kriegszeiten durchmachen.
Das Politische und Militärische steht bei bewaffneten Konflikten doch immer sehr im Vordergrund und wird auch in der historischen Forschung bis ins Kleinste ausgeleuchtet. Das Schicksal der betroffenen Menschen, und insbesondere das der Kinder als schwächste Glieder einer Gesellschaft, interessiert weniger.
Dieses Desinteresse hat hier in Deutschland, auf den 2. Weltkrieg bezogen, etwas mit der unseligen Rolle zu tun, die wir darin gespielt haben. Es lässt sich aber überall beobachten, wo Konflikte eskalieren.
Dabei können gerade die Kinder ja nun überhaupt nichts für das Elend, in das sie hineingezwungen werden.
Es geht mir aber nicht nur um das Sichtbarmachen dieses Elends, um das Anerkennen von Leid, um Empathie und Mitgefühl, es gibt da noch einen weiteren wesentlichen Aspekt, der meiner Meinung nach grundsätzlich zu kurz kommt: diese Kindergenerationen sind ja morgen schon die Erwachsenen!
Sie werden also sehr schnell diejenigen sein, die die Gesellschaft prägen. Und dann rächt sich so Einiges.
Diese generationsübergreifenden Dynamiken sind übrigens auch der gemeinsame Nenner meiner Romane
"Der Kinderzug" und "Kaltenbruch", die ja ansonsten recht unterschiedlich sind.
Dani:
Zu Recherchezwecken haben sie zahlreiche Originalbriefe, Tagebuchaufzeichnungen und Zeitzeugenberichte gesichtet und gelesen.
Gab es überhaupt die Möglichkeit noch mit Zeitzeugen zu reden und Erlebtes in persönlichen Gesprächen zu erfahren?
Michaela Küpper:
Ja, es gibt noch die Möglichkeit mit Zeitzeugen zu sprechen. Diese Menschen haben die Verschickung aber meist als kleine Kinder erlebt. Bis zm Alter von 10 Jahren kamen die Kinder damals nicht in Lager, sondern zu Familien.
Das ging mal gut und mal weniger gut. Manchmal wurden sie liebevoll umsorgt und es hielten sich lebenslange Freundschaften, manchmal wurden sie sehr schroff aufgenommen. Aber Heimweh war immer ein Thema. Darunter haben viele Kinder wirklich sehr gelitten. Einige Betroffene haben ihren eigenen Kindern und Enkeln später von ihren Erlebnissen erzählt, die diese Schilderungen wiederum weitergegeben haben.
So kursieren heute noch Geschichten über diese Zeit, wenn auch eher fragmentarisch.
Wichtig waren für mich aber vor allem auch die von Historikern geführten Zeitzeugeninterviews mit Betroffenen, die heute bereits verstorben sind. Diese Erzählungen - oft in Bild und Ton festgehalten - haben mir bei meiner Arbeit sehr geholfen.
Dani:
Neben ihren beiden Romanen zur Kriegs- und Nachkriegszeit schreiben sie hauptsächlich Kriminalromane und Kinderbücher.
Ist zukünftig auch ein Ausflug in andere Genres denkbar?
Und wenn ja, welche Sparte der Literatur würde sie besonders reizen?
Michaela Küpper:
Was andere Genres betrifft: man soll ja grundsätzlich niemals "nie" sagen. Aber momentan liegt mir das Genre "zeitgeschichtlicher Roman" doch sehr am Herzen.
Geschehnisse ins Licht zu rücken, die nie so recht beachtet wurden, Menschen durch eine Erzählung für bestimmte Themen zu interessieren, sie zum Nachdenken anzuregen, das fasziniert mich schon sehr. Und es ist auch für mich jedes Mal sehr spannend und lehrreich. Aber hin und wieder brauche ich einen Ausgleich zu dieser doch auch sehr intensiven Arbeit. Ich entwickle zum Beispiel Krimi-Rollenspiele. Da kann ich dann eher meinen Sinn für Humor ausleben.
Dani:
Der Beruf des Autors ist vor allem von Recherche- und Einzelarbeit geprägt.
Wie gestaltet sich bei ihnen ein typischer Arbeitstag?
Schreiben sie, wenn die Muse sie küsst oder folgen sie einem strukturierten Arbeits- bzw. Schreibplan?
Michaela Küpper:
Ohne hin und wieder von der Muse geküsst zu werden, ist es wohl schwierig literarisch zu schreiben. Gerade bei der Ideenfindung und den anfänglichen Weichenstellungen ist viel Bauchgefühl im Spiel, auch bei der Entwicklung der Figuren. Der Rest ist dann aber eher harte Arbeit. Ich recherchiere vorab und schreibe zunächst ein Exposé, also eine Art Grundgerüst, einen Pfad, den ich entlanggehen möchte. Beim eigentlichen Schreibprozess gehe ich dann auch mal Umwege, es gibt Hindernisse oder es tun sich Abzweigungen auf.
Das ist für mich ja das eigentlich Magische am Schreiben, dass die Figruen mich manchmal überraschen und ihren eigenen Weg gehen. So bleibt die Arbeit spannend.
Aber dennoch: Richtung und Ziel sind vorgegeben und das fortlaufende Recherchieren gehört zum Arbeitsalltag. Insgesamt gehe ich dabei heute viel strukturierter vor als zu Beginn meines Schreibens. Das hat aber auch etwas mit Arbeitsökonomie zu tun und mit Handwerk. Die Muse allein reicht eben nicht. Disziplin, Sorgfalt und Durchhaltevermögen spielen ebenfalls eine große Rolle. Entsprechend unspektakulär gestaltet sich mein Arbeitsalltag: ich sitze vor dem Rechner am Schreibtisch.
Die Abenteuer finden im Kopf statt.
Dani:
Was hat sie beim Schreiben zu "Der Kinderzug" besonders bewegt, vielleicht auch emotional herausgefordert?
Michaela Küpper:
Was die emotionale Herausforderung beim "Kinderzug" betrifft: da gab es einiges. Zum Beispiel die teuflische Indoktrination von Kindern und Jugendlichen durch die Hitlerjugend, die ja auch im Rahmen der Kinderlandverschickung federführend war.
Da wurden Kinder dazu gebracht ihre eigenen Eltern zu verraten, da wurden ihnen Waffen in die Hand gedrückt und sie rannten in den Tod. Das fand ich sehr erschreckend. Aber am meisten berührt haben mich die leiseren Dinge: in Originalbriefen zu lesen, wie die Kinder ihre Sorgen runtergeschluckt haben, wie tapfer sie waren. Welche Verluste sie zu verkraften hatten. Auch die Schilderungen von damaligen Lehrerinnen, die den Kindern diese Verluste begreifbar machen mussten, ihre eigene Verzweiflung darüber, mit der sie ja auch umzugehen hatten, das ging mir schon sehr nahe.
Es gibt aber auch Dinge, die mir sehr imponiert haben, etwa der Mut und die Hilfsbereitschaft einiger Menschen unter Gefahren, die wir uns heute gar nicht vorstellen können. Oder auch, dass es Kinder gab, die ganz offensichtlich mehr gesunden Menschenverstand bewahrt haben als die Erwachsenen.
Dani:
Ich mag ihren informativen und interessanten Schreibstil und würde mich freuen von ihnen noch weitere Bücher lesen zu können, die sich mit Themen des 2. Weltkrieges oder anderen
gesellschaftlichen Umbrüchen befassen. Gut vorstellen könnte ich mir z.B. ein Roman über den Mauerbau, der nicht nur zahlreiche Familien entzweite. Aber auch ein Buch in dem die Thematik
der Hitlerjugend (in "Der Kinderzug" nur kurz angeschnitten) bzw. der Bund deutscher Mädel fände ich sehr interessant.
Ist in dieser Richtung eventuell schon etwas Neues geplant?
Auf was können sich ihre Leser freuen?
Michaela Küpper:
Zunächst einmal Danke für das Lob!
In der Tat arbeite ich an einem neuen Buch und das Thema wird wieder in Richtung 2. Weltkrieg gehen. Mehr darf ich leider noch nicht verraten. Aber ich denke mal, dass es die Leserinnen und Leser ansprechen wird, die sich für den "Kinderzug" und "Kaltenbruch"interessieren.
Dani:
Vielen Dank für die vielen Hintergrundinfos und interessanten Einblicke über eine Thematik, die in der Aufarbeitung des 2. Weltkrieges oft vergessen wird.
Vielen Dank, dass sie den Kindern & Jugendlichen der damaligen Zeit eine Stimme gegeben haben!
Buchinfo:
Das Ruhrgebiet im Sommer 1943.
Die junge Lehrerin Barbara soll eine Gruppe Mädchen im Rahmen der sogenannten Kinderlandverschickung begleiten.
Angst, aber auch gespannte Unruhe beherrschen die Gedanken der Kinder, denn sie wissen nicht, was sie erwartet.
Das Heim, das ihr zeitweiliges Zuhause werden soll, erweist sich zunächst als angenehme Überraschung, doch dann muss dieses geräumt werden.
Es beginnt eine Odyssee, die nicht nur die Kinder, sondern auch Barbara an ihre Grenzen führt, denn mehr und mehr wird sie, die sich bisher aus der Politik herauszuhalten versucht hat, mit den grausamen Methoden und Plänen der Nationalsozialisten konfrontiert – und mit Menschen, die für ihre Ideologie vor nichts zurückschrecken.
Als schließlich ein Mädchen verschwindet und ein polnischer Zwangsarbeiter verdächtigt wird, kommt für die Lehrerin die Stunde der Entscheidung.
Ein Roman über die Frage:
Wie konnte man, konnte eine Frau unter dem verbrecherischem System des Nationalsozialismus anständig bleiben?
Ihr seid neugierig auf weitere interessante Artikel über die Kinderlandverschickung oder den Nationalsozialismus?
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Weitere Informationen zum Buch findet ihr auf der Verlagsseite von Droemer Knaur.
Viel Spaß beim Lesen!
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